Warten auf Godot beendet

Parallelrechner nun mit PowerPC

Manfred J. Heinze

Rechenleistung und Massenverfügbarkeit des Mainstream-Prozessors PowerPC 601 kombiniert der Aachener Parallelrechner-Hersteller Parsytec mit den Kommunikationsfähigkeiten des Transputers. Alle Parsytec-Parallelrechner - MPP-Supercomputer GC, Desktop-Rechner XPlorer sowie die Industrie-Serie MC-3 - wurden mit dem RISC-Duo ausgestattet, erste Systeme sind bereits installiert.

Parsytecs MPP-Parallelrechner sollten ursprünglich schon 1992 mit Hilfe des Inmos-Superchips T9000 die Dominanz der US- und Japan-Großrechner brechen. Nachdem Inmos den jahrelang erwarteten T9000 bis dato nur in einem Vorproduktions-Stadium präsentieren kann, blieb dem einzigen deutschen Superrechner-Hersteller - 1000 parallele Systeme für Forschung und Industrie wurden installiert - nur die Flucht nach vorn. Aus der lange prädestinierten reinen Transputerarchitektur wurde eine Kombination von Transputern des Typs T805 mit dem Motorola-IBM-Apple-Massenchip PowerPC 601.

Der neue PowerXPlorer ist die PPC-Variante des `Desktop-Supercomputers´ XPlorer, der pro Gehäuseeinheit 4 PowerPCs und 4 T805-Transputer aufnimmt. Er kann bis auf 64 Prozessoren aufgerüstet werden und bringt es damit auf 5 GFLOPS Peak-Leistung. Für Superrechner-Verhältnisse ungewöhnlich günstig ist die Preis-Leistungs-Ratio: ein GFLOPS kostet unter 70 000 Dollar. `10 Prozessoren in einem Parallelrechner müssen preiswerter sein als 10 komplette Workstations´, so Parsytecs Marketingmann Fritz Lücking. `Der Power XPlorer ist erstmals billiger als ein Workstation-Cluster, und damit mit Abstand das preiswerteste parallele System auf dem Markt.´ Der Weltmarkt verlangt vor allem nach bezahlbarer Hochleistung, die Ära der `Tera-FLOPS-Rechner´ scheint erst einmal vorüber zu sein.

Parsytecs Flaggschiff `GC´ erhielt ebenfalls einen Nachfolger: der skalierbare GC/PowerPlus erreicht mit 32 bis 1024 Prozessoren eine Rechenleistung von 2,5 bis 80 GFLOPS. Dem angemessen ist die I/O-Kapazität und Speicherbestückung: das parallele Speichersystem PSS kann auf 256 Gigabyte mit einer I/O-Bandbreite von 256 MByte/Sekunde aufgerüstet werden. Als System-Environment dient das auch bisher schon eingesetzte PARIX, das die Interaktion zwischen PowerPC-Chips und Transputern steuert. Die Kompatibilität zu anderen T805- und T9000-basierten Produkten wird durch PARIX, den Transputer-Link-Standard, sowie durch das Inmos-Entwicklungssystem TOOLSET sichergestellt, das von Parsytec auf PowerPCs angepaßt wurde.

Angewandte Superleistung

Langfristiges Ziel der Aachener: embedded Supercomputing, also massiv-parallele Numberchruncher, eingebaut in Produkte wie visuelle Erkennungssysteme, Flugsimulatoren oder Computertomographen. Aus dem Bau von speziellen Parallelrechnern für das High-End-Computing - zum Beispiel Klima- oder Strömungssimulationen - wollen die Parsytec-Ingenieure das Know-how für marktfähige Produkte gewinnen, in denen die Rechenleistung eines Parallelrechners mit Dutzenden von Gigaflops steckt. Daß Deutschlands einziger Supercomputer-Hersteller zu solchen Superlativen fähig ist, zeigte die 150-Mann-Firma unter anderem 1993 mit der Installation von drei massiv-parallelen Großrechnern mit je 1024 Prozessoren an europäischen Universitäten. Durch die Leistung und große Verbreitung der PowerPCs versprechen sich die Aachener aber nicht nur neue Schübe für das Hochleistungsrechnen, sondern auch für rechenintensive Anwendungen aus der Macintosh-Welt. In einem US-Projekt soll bereits daran gearbeitet werden, die rechenintensiven Teile von Photoshop auf Parsytecs Power XPlorer auszulagern.

Spektakuläre Leistungen wie die Umstellung aller Postleitzahlen des EuroCard-Betreibers innerhalb von 8 Stunden oder der Einsatz von Parsytec-Systemen in selbstfahrenden Mercedes-Forschungsfahrzeugen konnten nicht verhindern, daß Parsytec während des vergangenen Jahres mit Kurzarbeit zu kämpfen hatte. Aufgrund der langen Verzögerung des T9000 war schon früher ein Wechsel des Basisbausteins gefordert worden: der PPC kam mit seiner Kombination aus leistungsfähiger superskalarer RISC-Architektur und den hohen Produktionsvolumen des PC-Marktes gerade noch im richtigen Moment.

Der Standard-Prozessor PowerPC 601, erster einer Serie (604, 620, 630) und für die Aachener endlich langfristig kalkulierbar, scheint ihnen den dringend notwendigen Rückenwind geben zu können. Jedenfalls hat man sich den Vorsprung durch technologische Allianzen mit Motorola und Inmos gesichert, wie Parsytecs Gründer und Geschäftsführer, Falk-D. Kübler, auf einer Pressekonferenz in London bekanntgab. (be)

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Das Innenleben eines PowerXplorer mit zwei PowerPC- und zwei T805-Prozessoren pro Rechnerplatine

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Prozessorboard mit vier PowerPC-Prozessoren (320 MFLOPS Spitzenleistung) und acht T805-Transputern